So sehr die erlebte und erschaute Landschaft den Maler Hans-Jürgen Schlieker zeitlebens anzog und anregte, in seinen Bildern handelt es sich vielmehr um die malerische Aufrufung unseres Wahrnehmungsmusters „Landschaft“, das sich jedoch niemals vollständig erfüllt findet: Es bleibt eine dezidiert ungegenständliche Malerei, der Schlieker sich gewidmet hat.
In ihr evoziert der Maler durch das fortgesetzte Schichten von Farbe eine landschaftliche Tiefenatmosphäre, um sie dann und wann mit ebenso bedachter wie stürmischer Geste zu durchbrechen. Die Linie, die so entsteht, mag hier an vordrängendes Baumgeäst erinnern, dort wie eine aus der Ferne hervortretende Steilhang- oder Gipfelkontur anmuten, und doch ist der gezogene Strich nichts anderes als das akute Ausagieren der Malerei – als eines körperlich-räumlichen, sozusagen per se landschaftlichen Geschehens.
Das Jubiläum wird zum Anlass genommen, das Schaffen Schliekers im Kontext von Werken seiner Künstlerzeitgenossen und -weggefährten ab den 1950er Jahren zu präsentieren:
Hubert Berke · Peter Brüning · Carl Buchheister · Karl Fred Dahmen · Gustav Deppe · Winfried Gaul · Rupprecht Geiger · Ignatius Geitel · Raimund Girke · Karl Otto Götz · Kuno Gonschior · Werner Graeff · Thomas Grochowiak · Ernst Hermanns · Gerhard Hoehme · Hans Kaiser · Anton Rooskens · Emil Schumacher · Heinrich Siepmann · K.R.H. Sonderborg · Ferdinand Spindel · Fred Thieler · Rudolf Vombek · Josef Wedewer · Hans Werdehausen · Heinrich Wildemann
Zahlreiche der Künstler verliehen der damaligen Aufbruchsstimmung, der Erneuerungslust und dem Bedürfnis nach einem Neuanfang Nachdruck durch das Zusammenwirken in Gruppen, sei es „junger westen“ (gegr. 1948 in Recklinghausen), „ZEN ‘49“ (gegr. 1949 in München) oder „der hellweg“ (gegr. 1952 in Bochum), als deren Gründungsmitglied Hans-Jürgen Schlieker selbst firmierte.
Hans-Jürgen Schlieker, geboren 1924 in Schöningen (Ostpommern), siedelte sich nach seinem Studium bei Erich Hartmann (Kunsthochschule Hamburg) im Jahr 1951 mit seiner Ehefrau in Bochum an, wo er als freischaffender Maler bis zu seinem Lebensende wohnte und arbeitete. Als Gast der Deutschen Orientlinie bereiste er 1954 Spanien, Algerien, Tunesien, Griechenland und die Türkei. 1958 zeichnete ihn der Westfälische Kunstverein Münster mit dem Preis „Jungwestfalen“ aus. In Bochum war er Mitbegründer der Künstlergruppe „der hellweg“, wirkte über ein Jahrzehnt als Gymnasiallehrer und gründete im Jahr 1968 den Bereich Bildende Kunst am Musischen Zentrum der Ruhr-Universität. Für sein Engagement wurde ihm 1989 der Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen verliehen. Als Gastdozent wirkte er bis ins Jahr 1997 am Institut für textiles Gestalten der Akademie Wien. Hans-Jürgen Schlieker verstarb 2004 in Bochum.